Residenzen

flausen+ 2024

Wir freuen uns, dass wir im Juli und August Nitsan Margaliot, Sasha Portyannikova, Anna Chwialkowska, Natasha Borenko und Michelle Ettlin als Residenz-Künstler:innen im flausen+ Programm begrüßen dürfen!

Das Ziel der Residenz ist es, mehrere Künstler:innen und Chemnitzer Bürger:innen mit Neugier auf das Thema Archiv in einen forschenden Austausch zu bringen. Dabei werden Geschichten, Anekdoten und Artefakte aus aufgeladenen Vergangenheiten in experimentelle, spielerische und performative Collagen verwandelt.
Die vier Performance-Künstler:innen Nitsan Margaliot und Sasha Portyannikova, Anna Chwialkowska und Natasha Borenko gehen gemeinsam mit der Filmemacherin Michelle Ettlin der Frage nach, wie ihre früheren Recherchen zu marginalisierten Tanzarchiven in einem neuen Kontext und Territorium durch Workshops mit den Bürgern vor Ort angewendet werden können.
Die Methoden bestehen darin, Fragen, Archivmaterial und Geschichten zu sammeln, die zu Zeichnungen, Gedichten, Liedern und Tänzen werden, die später ausgetauscht und mit ihnen gespielt werden, um neue Wege zu finden, subjektive Geschichten in Beziehung zu setzen und zu verbinden, um die Vergangenheit auf ungewöhnliche und poetische Weise neu zu betrachten, eine Art Collage im Entstehen.
Durch die Inszenierung und Veränderung des Formats und der Intention von Geschichten, die von den Künstler:innen und den lokalen Mitgliedern mitgebracht werden, werden wir spielerische und performative Aktionen erforschen, um neue Geschichten zu schaffen und die Fäden der Geschichte in andere Medien und Formate zu verschieben und zu manövrieren.
Im Rahmen von Online- und Vor-Ort-Aufenthalten im Sommer wird die Gruppe verschiedene Formen experimenteller Begegnungen durchführen, wobei der Schwerpunkt auf dem Austausch von Materialien liegt, die von den Künstler:innen und den Teilnehmenden vor Ort mitgebracht werden. Unser Ziel ist es, in diese Forschung einzutauchen und zu erforschen, wie man mit persönlichen historischen Materialien auf kreative und unerwartete Weise umgehen kann. Wir transformieren, reanimieren und bewegen festgehaltene und unbewegte Geschichten, die mit den Einheimischen geteilt werden, um gemeinsam eine hybride Erfahrung zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schaffen, die persönliche, belastete und unbequeme Vergangenheiten in aktuelle multidisziplinäre künstlerische Erkundungen einbringt.

Das überregionale Netzwerk flausen+ wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien über das Programm „Verbindungen fördern“ des Bundesverbands Freie Darstellende Künste e.V.

flausen+ 2023

Wir als Taupunkt e.V. sind Teil des stetig wachsenden flausen+bundesnetzwerkes. Dieses vernetzt freie darstellende Künstler*innen mit kleinen und mittelgroßen freien Theatern in ganz Deutschland (und darüber hinaus), fördert sie nachhaltig und verschafft ihnen Gehör auf Seiten der Politik. Wir wollen, dass Künstler:innen mehr Raum für Wagnis und Risiko – und ja – auch für das eigene Scheitern bekommen. Mit vielen Modellen wie den flausen+stipendien, den flausen+labs, den flausen+ags und vielen mehr kämpft flausen+ mit seinen Bündnishäusern gemeinsam dafür, die strukturellen Bedingungen für die Kunst in der Fläche zu verbessern und eine der Würde der Kunst angemessenen Förderung zu erreichen, die es ermöglicht, von künstlerischer Arbeit auch leben zu können.

Mehr Infos unter: www.flausen.plus

Das überregionale Netzwerk flausen+ wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien über das Programm „Verbindungen fördern“ des Bundesverbands Freie Darstellende Künste e.V.

Wir freuen uns auch in diesem Jahr auf Künstler und Künstler*innen, die ihre Residenz im Komplex verbringen und spannende Forschungsfragen mitbringen. Mehr zu den einzelnen Projekten in Kürze!


„TANZPAKT in residence“ 2022-2024

Seit 2022 sind wir Teil einer Reihe von Bühnen und Tanzorganisationen in Sachsen, die beim Programm „TANZPAKT in residence“ Tanzschaffenden Raum und Zeit zur Verfügung stellen.

Der Verein Villa Wigman für Tanz initiiert in Kooperation mit dem Verein TanzNetzDresden und den Partnerorganisationen TanzART Kirschau, dem Mondstaubtheater Zwickau, TanzRaumGörlitz, Off-Bühne KOMPLEX in Chemnitz, LOFFT und 4fürTANZ Leipzig sowie der TENZA schmiede in Dresden von 2022 bis 2024 das umfangreiche Residenzprogramm, welches die Stärkung und Entwicklung der künstlerischen Qualität der Tanzschaffenden in Sachsen zum Ziel hat.

Das Residenzprogramm versteht sich als grundlegendes Instrument, Künstler*innen in die Exzellenz zu befördern, indem es Zeit-Räume für Forschung zur Verfügung stellt und nachhaltige Strukturen schafft, die der Tanzszene der Region ein professionelles und kontinuierliches Arbeiten ermöglichen. Bis 2024 werden insgesamt 18 Residenzen ausgeschrieben. Eine Jury entscheidet über die Vergabe. Jede Residenz beinhaltet neben der eigenen Recherchearbeit einen Workshop der Residenzkünstler*innen für interessierte Profis und Amateur*innen und eine Werkstattpräsentation. Weitere Infos: Villa Wigman.

TANZPAKT-Künstler*innen in Chemnitz:

  • 2022: Caroline Beach
  • 2023: Angelika Waniek
  • 2024: Tran Xuan Nam

Caroline Beach: „Shipwracks“

Caroline Beach ist Choreografin und Künstlerin. Sie hat einen Master in Choreografie von der Palucca Hochschule für Tanz in Dresden und absolviert derzeit einen Master an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg bei Johannes Paul Raether.

Von Mitte September bis Mitte Oktober 2022 hat sie sich während ihrer Residenz in Chemnitz mit Ritualen des Scheiterns auseinandergesetzt. Dazu hat sie sich von verschiedenen Orten in der Stadt inspirieren lassen. Natur wie der Gablenzbach und prägnante Bauwerke wie die Markuskirche oder der „Nischel“, das Karl-Marx-Monument, wurden filmisch in ihre Abschlusspräsentation integriert. Als Basis diente eine Episodencollage, die sich zwischen Tanz und Performance bewegt. Im Fokus ihrer Werkstattpräsentation stand der Prozess.

Zu ihrer Residenz gehörten auch zwei Workshops, bei denen sie ihre Erfahrung mit dem Spiel mit Episoden und dem Imaginären an die Teilnehmenden weitergegeben hat: Sie haben sich damit beschäftigt, wie das Schreiben von Scores im weitesten Sinne als generatives Werkzeug eingesetzt werden kann. Unter Rückgriff auf Praktiken des Collagierens, Montierens und Samplings wurde erkundet, wie durch das Nebeneinanderstellen von zwei Dingen ein drittes Objekt entstehen kann.

»TANZPAKT in residence« wird gefördert von TANZPAKT Stadt-Land-Bund aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, sowie kofinanziert durch das Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus und der Landeshauptstadt Dresden, Amt für Kultur und Denkmalschutz.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes. 
TANZPAKT STADT LAND BUND – Eine gemeinsame Initiative von Kommunen, Bundesländern und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zur Exzellenzförderung im Tanz.


Flausen+ DACH 2022

In Reaktion auf den Krieg gegen die Ukraine hat flausen+ 2022 ukrainischen geflüchteten Künstler*innen einen Recherche- und Arbeitsaufenthalt ermöglicht. (Mehr zum Programm: auf der flausen+Webseite)

Milena ist eine Tänzerin aus der Ukraine – Fotos: Maria Kretz, Laura Kaiser

Milena Romanenko ist eine solche Künstlerin im Bereich Tanz und war im November zur Residenz bei uns. Gerade 20 Jahre alt, blickt sie bereits auf 14 Jahre Tanzerfahrung zurück. Zunächst in ihrem Heimatort Kramatorsk hat sie die drei Jahre vor dem Krieg in Kiew studiert, gearbeitet und getanzt, u.a. als Tanzlehrerin für Kinder und die Company „Baza Art People“. „Jetzt bin ich dankbar für alles, was ich tun kann“, sagt sie. Ins Komplex kam sie mit einem Forschungsprojekt: Wo ist die Quelle meiner Energie? Woher kommt das Gefühl, etwas rauslassen zu müssen? „Ich erkunde mich und meine Bewegungen für die Aufgabenstellung, aber ich versuche auch, eine Verbindung zu anderen Menschen zu entdecken“, erklärt sie. Für Romanenko, die mit Folk- und klassischem Tanz angefangen und nun im modernen Ballett angekommen ist, war es das erste Residenzprojekt. Die Residenzzeit gestaltete sie mit Improvisationen, Arbeit mit dem Atem, Recherche und Storywriting. „Ich weiß nicht, was das Ergebnis sein wird, aber der Prozess interessiert mich sehr.“

Ihr tänzerischer Fokus liegt auf Modernem Ballett.


Flausen+ 2022

Auch in diesem Jahr durften wir wieder künstlerische Forschungsprojekte im Rahmen von #takeheart und flausen+ unterstützen. Insgesamt 12 Residenzkünstler*innen haben wir dadurch kennengelernt. (Einen Blick hinter die Kulissen sowie Interviews mit den Teilnehmenden gibt es hin und wieder auf Instagram.) Danke, dass ihr bei uns wart und wir eure spannenden Forschungsprojekte begleiten durften! Hier stellen wir unsere Residenzkünstler und -künstlerinnen und ihre Projekte im Überblick vor:

RAFAŁ DZIEMIDOK: „How to dance outside“

Drinnen: Tanzboden. Licht. Ruhe. Publikum. Draußen: Asphalt. Kiesel. Scherben? Lärm. Autos. Menschen, die gehen, stehen, eilen. Auch ein Laie kann sich vorstellen, dass aus spontanen Betrachter*innen im öffentlichen Raum viel schwieriger ein Publikum zu gewinnen ist, dass sich auf das einlässt, was durch den Tanz erzählt werden soll.

Welche Bedingungen Tänzer und Tänzerinnen brauchen, die draußen arbeiten und welche Fähigkeiten sie mitbringen müssen: Daran hat Rafał Dziemidok während seiner flausen-Residenz geforscht. Mit Fragebögen und Workshops hat er sich dem Thema genähert, um weiter vom Automatismus zur Methode zu gelangen.

Workshop im Komplex – Fotos: Laura Kaiser

Rafał Dziemidok: 1971 geboren, lebt seit 2012 in Berlin, ist freier Tänzer, Schauspieler, Choreograf, Theaterregisseur und Improvisationscoach. Eines seiner Solo-Stücke trug den Titel „How to dance forever“ und beschäftigte sich u.a. mit der Frage, was Tanzen auf Dauer mit Profis macht. In Chemnitz war er bereits mit „Out of Season. Undancing Vivaldi“ zu sehen. Ausschnitte seiner Arbeit zeigt er auf @jimmydoesvivaldi und seiner Webseite.

BEATE KRIST, RONJA SCHWEIKERT & JONAS KHALIL: „Der Klang der Dinge“

Theater für die Allerkleinsten machen – wozu? Und was braucht es dafür? Diesen Fragen ist das Dreiergespann während seiner Residenz nachgegangen. Ausgehend von Naturmaterialien, die sie draußen gesammelt haben, haben sie untersucht, welche Klänge diese machen und wie sie sich anfühlen – und damit einen Parkour auf der Bühne gebaut, den Kinder und ihre Eltern geführt begehen und bespielen können. Mit Publikum ab anderthalb Jahren wurde dann gestestet: Was kommt an, was nicht? Was wird wie benutzt, was anders als gedacht?

Ihre Ansätze und Erkenntnisse waren vielfältig: Insbesondere für die Altersgruppe unter 3 Jahren muss man begreifbare Theatererlebnisse schaffen, also haben sie die Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum aufgelöst und das gemeinsame Entdecken und Begreifen (wortwörtlich) in den Fokus gestellt. Dabei muss man offen und neugierig bleiben, mit welchen Ideen die Kinder das Angebot aufnehmen. Wie viel Sprache es braucht, um die Familien hindurchzuführen, welche gesammelten oder gebauten Objekte bleiben – das blieb nach Chemnitz noch offen. Was für die Drei aber feststand: Diese Altersgruppe ist es wert, für sie Theater zu machen. Denn damit wird der Grundstein fürs Entdecken gelegt.

An zwei Tagen durften Kinder zwischen 1 und 6 den Aufbau testen – Fotos: Laura Kaiser

Beate Krist ist Schauspielerin und Regisseurin und war 2022 mit Schattenstunde im Kino zu sehen. Sie hat das Theater 3D in Wiesbaden mitgegründet, mit dem Ziel anspruchsvolles Kindertheater zu etablieren. Ronja Schweikert ist ebenfalls Schauspielerin, führt Regie und veranstaltet Workshops. 2005 hat sie das freie Theaterensemble theaterneuland in Stuttgart mitgegründet, für das hin und wieder der Dritte im Bunde tätig wird. Jonas Khalil ist Gitarrist, als Orchestermusiker sowie Lead-Gitarrist der Heavy-Metal-Band „Sacred Steel“. Er hat bereits auch zwei Solo-Alben herausgebracht.

DAKOTA COMÍN: „This body is not completely mine“

Wieviel Handlungsmacht haben wir eigentlich über unseren Körper? Was steuern wir und was steuert uns? Was hat uns geprägt und beeinflusst unsere Handlungsfreiheit? Wie bewusst ist uns das Unbewusste und wie können wir es nutzen? Diesen Fragen ist Dakota Comín während ihrer Residenz im Komplex nachgegangen.

Sie hat sich tief in ihren Körper zurückgezogen, hat genutzt, wie sich Musik und Bewegung sich auf Stimmung und Verbindung um eigenen Körper auswirken, hat mit ihrem Puls gearbeitet und Methoden entwickelt, um andere Tänzer und Tänzerinnen ebenso in Kontakt mit ihrem Körper zu bringen: mittels Tanz, Yoga- und Meditationspraktiken, aber auch Cranio-Sacral-Therapie. Diese Technik aus der Osteopathie beschäftigt sich mit dem Liquor im Nervensystem und der Frage, wie der Rhythmus der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit unser Wohlbefinden beeinflusst. Die gewonnenen Techniken nimmt sie mit in eine weitere Residenz.

Theorie und Praxis im Komplex

Ihr Ziel ist mehr als eine Innenschau: „Ich möchte dazu einladen, Empfindungen und Körperreaktionen zu hinterfragen. Je besser ich meinen Körper kenne, desto besser kenne ich mich und desto freier bin ich.“ Nur wer den Autopilot verlässt, könne sich lebendig und frei fühlen. Aber auch ins außen ging ihr Prozess im Komplex: Ein selbst verfasstes Gedicht diente als Inspiration für kurze Solo-Performances, die mit Bewegung und Sprache ebenfalls die Handlungsmacht über unseren eigenen Körper diskutieren. Ausgehend von je einer Zeile hat sie improvisiert und kurze Choreografien entwickelt. Auch diese nimmt sie mit, um weiter daran zu arbeiten und schließlich ein Stück für die geplante europaweite Aufführung fertigstellen zu können.

Aus Sprache, Innenschau und Bewegung entsteht eine Performance – Fotos: Laura Kaiser

Dakota Comín ist Tänzerin, Choreografin und Lehrerin und lebt seit 2018 in Berlin. Sie hat 2013 ihren Abschluss in Zeitgenössischem Tanz am Tanzkonservatorium in Valencia in Spanien gemacht. Seit 2014 steht sie regelmäßig auf der Bühne, u.a. seit 2019 mit ihren Solo-Stücken „No Body’s Mind“ und „Volver“, in denen das tiefe Körperverständnis sich in jeder Bewegung offenbart. Die Beschäftigung mit Körper und Geist, die Frage nach den inneren Strukturen, die Betrachtung des Körpers als Labor und Kampfplatz – das sind ihre künstlerischen Leitlinien. Seit 2019 unterrichtet sie auch zeitgenössischen Tanz und Pilates.

SUSANNE BOLF: „Geliebte Dysfunktion oder wie ich meine Familie überlebte“

Wie fordert sich eine heraus, die seit bald 30 Jahren auf der Bühne steht? Die 17 Jahre Impro-Theater in Leipzig gespielt hat? Alleine zu improvisieren und dann noch über die eigene Lebensgeschichte: Das hatte sich Susanne Bolf im Rahmen ihrer Residenz vorgenommen. Sie stellte sich eine Frage, vor der viele Künstler*innen irgendwann stehen: Wenn ich meine eigene Story auf die Bühne bringe, wen interessiert das? Und was nimmt sich das Publikum mit?

Geboren wurde die Idee aus dem „inneren Aufräumen“, das sie in der Corona-Zeit vorgenommen hat, aus der Beschäftigung mit der eigenen Herkunft und der möglichen Heilung von Dysfunktionalität. Nicht nur die eigene Biographie, sondern auch Erzählungen aus einer Selbsthilfegruppe flossen in die Vorbereitung ein. Zuhören, lesen, die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Familie waren ihre ersten Schritte. Szenen, die sich daraus für die Bühne entwickelt hat, hat sie schließlich zurückgestellt, um mehr als der eigenen Story Platz zu machen.

„Geliebte Dysfunktion…“ als erster Testlauf in Leipzig

Ihre Residenz kumulierte in einem öffentlichen Test: Im Meditationszentrum Leipzig stellte sie dem gemischten Publikum aus Vertrauten und Fremden Fragen zu ihrem Leben, wollte wissen: „Was ist Dysfunktion für euch?“ Mit den Antworten und „dem eigenen Krempel“ hat sie eine Figur gebaut und mit musikalischer Begleitung zum Thema improvisiert.

Der Test ging auf: Nicht nur, dass die Zuschauer*innen eigene, z.T. schmerzhafte Erlebnisse mit ihr und dem Publikum geteilt haben – sie ließen sich auch von den anderen Geschichten berühren. Ein „Das kenne ich!“ wurde nicht nur einmal zurückgemeldet. Somit lautet ihr Fazit: Das Konzept funktioniert, auch für Nicht-Beteiligte. Daraus soll nun ein rund einstündiges Solo-Programm entstehen.

Veranstaltungsort war ein Meditationszentrum

Susanne Bolf ist Schauspielerin und lebt in Leipzig. Sie hat 1994 ihren Abschluss in Darstellendem Spiel in Ulm gemacht. Feste Engagements hatte sie am „Theater der Kirche“ und der „Theaterturbine“ in Leipzig. Seit 2003 hat sie sich im Bereich Improvisation weitergebildet und war auf zahlreichen Impro-Festivals zu sehen. 2015 hat sie ihr eigenes Konzept entwickelt, das die Impro-Idee auf die nächste, persönlichere Ebene hebt: Im „Sofatheater“ erleben die Zuschauer*innen, wie ihre eigenen Geschichten auf die Bühne gebracht werden – mittels Techniken aus dem Playback- und dem Impro-Theater sowie Empathiewerkzeugen aus der Gewaltfreien Kommunikation.


Flausen + 2020/21

Wir freuen uns sehr, seit 2020 Mitglied der flausen + Familie zu sein, die deutschlandweit kleinere Theater zusammenführt und gemeinsam mit dem Fonds Darstellende Künste Forschungsstipendien vergibt. Im Winter 2020-2021 begleiteten wir im Komplex diese künstlerischen Residenzen:

Aleš Vancl vom Theater FIGURO arbeitete bei uns auf den Spuren des Teufels, der trotz Jahrhunderten der Austreibungen und Säkularisierungen in unserer sprachlichen Erinnerung fest verankert ist. Anhand von Bildern, Kostümen und literarischen Überlieferungen wurden so verschiedene Dämonentypen im interkulturellen Kontext spielerisch untersucht, insbesondere was ihre Anatomie, ihr Habitus und ihre Beziehung zueinander und zum Mensch betrifft.

Aleš Vancl mit: Auf der Spur des Teufels (Fotos: Heda Bayer)


Gabi Reinhardt: Grrrrl kann man ja noch nicht mal richtig aussprechen! – Dann schreiben wir’s halt auf! Grrrrl ist ein Text über Sprache, Gewalt und Sexualität. Diesmal „sprechen“ wir: Frauen*. In partizipativer Arbeitsweise entsteht ein wildes, unangepasstes Bild vom Frau*-Sein in den 20ern dieses Jahrhunderts in einer mitteldeutschen Großstadt. Unsere zweite Residenzkünstlerin, Autorin und Performerin Gabi Reinhardt entwickelte in der OFF-Bühne Komplex nachausgiebiger Recherche einen Workshop, in dem Frauen* ihre Sicht auf die Dinge niederschreiben. Aus diesen Gedanken und einem eigenen Manuskript wurde ein Bühnentext entstehen, der im Herbst 2021 im Komplex inszeniert werden soll.

Gabi Reinhardt mit: Grrrrl (Fotos: Alexej Vancl)


Sasha Portyannikova und Nitsan Margaliot: Was befindet sich am Rande der Tanzgeschichte – außerhalb der bekannten europäischen Erzählperspektive? Sasha Portyannikova und Nitsan Margaliot sind mit Touching Margins auf der Suche nach alternativen Narrativen, erforschen kulturell geerbte Verkörperungen und durchstöbern außereuropäische Archive, um vernachlässigte Teile der Tanzgeschichte als relevantes Erbe sichtbar zu machen.

Sasha Portyannikova und Nitsan Margaliot mit: Touching Margins (Fotos: Heda Bayer)


Teresa Stelzer: Wie lassen sich sicher, geschmeidig und selbstständig Ebenen wechseln?
Körperlich im Bühnenraum. Und welche inhaltlichen Ebenen eröffnen sich dadurch? Mit Blick auf ihren Körper ging Teresa Stelzer, freischaffend im Bereich des nonverbalen Körpertheaters, diesen Fragen nach.

Teresa Stelzer mit: Ebenen (er)zählen. – Gebrauchsanweisung für meinen Bühnenkörper (Fotos: Johannes Gibbert)


Leonardo Fonseca: Der Tänzer und Choreograph Leonardo Fonseca forschte mit Sprechen durch Tanz nach Wegen und Möglichkeiten, modernen Tanz näher am Publikum zu positionieren. Sein Spielort ist der Öffentliche Raum in Chemnitz, sein Ziel ist es, das Publikum zu sensibilisieren, zu fordern und mitzureißen. Choreographisch arbeitet er mit repetitiven Bewegungsabläufen und alltäglichen Situationen, die er mit Ideen aus Urban Dance, Martial Arts und Folklore verknüpft. Eine spannende Melange!

Leonardo Fonseca mit: Sprechen durch Tanz (Fotos: Heda Bayer)


Ulrike Sorge: Die Chemnitzer Regisseurin Ulrike Sorge setzt sich in Ihrer Residenz mit den Themen Täter und Opfer, Krieg und Frieden sowie Erinnern und Vergessen auseinander und nutzt dazu Pablo Picassos Gemälde „Guernica“. Sie arbeitet mit Worten, Bildern, Projektionen und Schatten und legt so den Grundstein für ein thematisches Regie-Exposé oder eine Collage.

Ulrike Sorge mit: Guernica (Fotos: Verena Russell)


Das Programm: #TakeCareResidenzen, ein Förderprogramm des Fonds Darstellende Künste, fördert ergebnisoffene Recherchen, Labore oder konzeptionelle Vorhaben in Verbindung mit einer Residenz in einer Spielstätte des Bündnisses internationaler Produktionshäuser bzw. des flausen+bundesnetzwerks.

Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von Neustart Kultur. Realisiert durch das Bündnis internationaler Produktionshäuser und das flausen+bundesnetzwerk.